Ein liebenswerter Bestatter wird in Jeremy Masseys Debütroman „Die letzten vier Tage des Paddy Buckley“ zum Opfer einer Kette von unglücklichen Ereignissen. Zuerst bricht eine Witwe tot über ihm zusammen, dann überfährt er versehentlich einen bekannten Gangster. Mehr...

Die letzten vier Tage des Paddy Buckley: Ein Bestatter in der Bredouille
© Benn Jae, carl's books

Ein liebenswerter Bestatter wird in Jeremy Masseys Debütroman „Die letzten vier Tage des Paddy Buckley“ zum Opfer einer Kette von unglücklichen Ereignissen.

Paddy Buckley arbeitet wie einst sein verstorbener Vater beim Bestattungsinstitut Gallagher in Dublin. Spätestens seit dem Tod seiner schwangeren Frau vor ein paar Jahren hat sich der Anfangvierzieger gänzlich seinem Job verschrieben. Von seinem Chef Frank und seinen Kollegen wird er für seine Einsatzbereitschaft und Zuverlässigkeit geschätzt. Zwischen den Bestattern herrscht ein gutes, freundschaftliches Verhältnis.

Der geregelte Arbeitsalltag und all die vertrauten Menschen haben Paddy dabei geholfen, mit seiner eigenen Trauer zurechtzukommen. Vielleicht ist er nicht zuletzt deshalb so gut in seinem Job, weil er sich bestens in die Hinterbliebenen hineinversetzen kann. Auch die Witwe Lucy Wright, mit der er die Beerdigung ihres Mannes besprechen will, fühlt sich auf Anhieb wohl in Paddys Gegenwart.

Tödlicher Sex mit trauernder Witwe

Der Anlass mag unangebracht sein, doch zwischen den beiden knistert es gewaltig. Paddy kann nicht widerstehen und landet mit Lucy im Bett. Dummerweise bricht diese noch während es Akts tot auf ihm zusammen. Und nun? Es bleibt Buckley nichts anderes übrig, als den Vorfall zu vertuschen. Sonst müsste er wohl mit seiner Entlassung rechnen. Doch das Lügen fällt dem gewissenhaften Iren nicht leicht, vor allem als er plötzlich Lucys hübscher Tochter Brigid gegenübersteht.

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Noch kann Paddy nicht ahnen, welch viel größeres Problem schon auf ihn wartet: Nach einer langen, arbeitsreichen Nacht überfährt er versehentlich ein führendes Mitglied von Dublins Verbrechersippe Nummer eins. Der Kerl ist tot, was bedeutet: Paddy wird auch nicht mehr lange leben, sollte Gangsterboss Vincent Cullen je von seiner Schuld erfahren. Die Flucht vom dunklen Unfallort erweist sich nur als kurzfristige Problemlösung.

Ironie des Schicksals: Neben der Bestattung Lucys wird Paddy auch noch mit der Beisetzung von Vincents Bruder beauftragt, den er auf dem Gewissen hat. Wie es der Buchtitel schon erahnen lässt, gerät der Protagonist immer weiter in die Bredouille und schließlich in tödliche Gefahr. Ein zeitnahes Ableben Buckleys scheint besiegelt.

Jeremy Massey beherrscht das Kopfkino

Trotzt der vielen Zufälle und skurrilen Ereignisse gelingt es Jeremy Massey, seine Geschichte überraschend glaubwürdig zu erzählen. Da der Autor selbst aus einer irischen Bestatterfamilie stammt, kann er Paddys Arbeitswelt realistisch darstellen und mit interessanten Insider-Details auftrumpfen.

Massey zählt aber nicht etwa zu den Schreiberlingen, die zu sehr ausschweifen und schließlich mit Fachwissen langweilen. Seine Erfahrungen als Drehbuchautor kommen ihm zugute: Er schreibt sehr visuell und lebendig. Die Verfilmung der Story spielt sich quasi schon vor dem inneren Auge ab.

Gleich zu Beginn startet Paddy Buckleys Abenteuer mit viel Tempo. Der angenehme Stil der deutschen Übersetzung mit knappen, prägnanten Sätzen sorgt zudem für eine hohe Lesegeschwindigkeit. Das macht den nicht einmal 300-seitigen Roman zu einer sehr kurzweiligen Angelegenheit für einen unterhaltsamen Lesenachmittag.

Kitschalarm in Sachen Liebe und Hunde

Ganz ohne einige Stolpersteine kommt die Lektüre trotzdem nicht aus: Im Mittelteil irritiert ein arg schwülstiger Liebesrausch Buckleys mit Lucys Tochter. Hier trägt Massey definitiv zu dick auf und verliert jenen schwarzhumorigen Biss, mit dem er bis dahin zu amüsieren wusste.

Auch die mystische Hintergrundgeschichte zu Cullens Hündin, ein Mix aus Wolf, Fuchs und Deutschem Schäferhund, wirkt unausgegoren und fehlplatziert. Ihr werden aber zum Glück nicht allzu viele Seiten eingeräumt. Die Tierthematik dient im Grunde nur dazu, um noch mehr über Buckleys charismatischen Vater zu erfahren. Paddy gelingt es nicht zuletzt dank der Erfahrungen und Weisheiten, die ihm dieser mit auf den Weg gegeben hat, in seiner aussichtslosen Situation die Nerven zu bewahren.

Das finale Aufeinandertreffen des Bestatters mit Vincent Cullen verläuft nach all den Spannung heraufbeschwörenden Vorausdeutungen vielleicht doch etwas zu unspektakulär und zu schnell. Zumindest mit einem kleinen Twist kann „Die letzten vier Tage des Paddy Buckley“ zum Ende aber noch überraschen.

Der Roman macht Lust auf weitere originelle Geschichten, die Jeremy Massey hoffentlich bald folgen lässt. Aktuell schreibt der kreative Kopf an seinem zweiten Buch.

„Die letzten vier Tage des Paddy Buckley“ ist am 19. September 2016 bei carl's books erschienen.

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  • Rezension zu: Jeremy Massey: Die letzten vier Tage des Paddy Buckley
  • Redaktionswertung:

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