Eine dünne Monstermär und reichlich Produktwerbung reichen Stephen King als Grundgerüst für einen zähen Wälzer: "Der Outsider" lässt Spannung und Horror vermissen.
Eine dünne Monstermär und reichlich Produktwerbung reichen Stephen King als Grundgerüst für einen zähen Wälzer: "Der Outsider" lässt Spannung und Horror vermissen.
Flint City, eine kleine Stadt in Oklahoma, wird durch den grausamen Mord an einem elfjährigen Jungen erschüttert. Überraschend schnell scheint der Täter ausgemacht: Ausgerechnet der beliebte Baseball-Jugendtrainer Terry Maitland soll das Kind missbraucht und auf bestialische Weise getötet haben.
Dem Bezirksstaatsanwalt Bill Samuels und Detective Ralph Anderson liegen eindeutige Beweise vor. Deshalb lassen sie Maitland medienwirksam vor großem Publikum bei einem wichtigen Spiel seiner Mannschaft verhaften. Erst danach verblüfft sie Maitland, der seine Unschuld beteuert, mit einem wasserfesten Alibi. Hat etwa ein Doppelgänger die schreckliche Tat begangen?
Doch für die wütenden Bürger von Flint City trägt Maitland längst den Stempel des perversen Kindsmörders. Noch vor der ersten Anhörung kommt es zu einem blutigen Zwischenfall, der Anderson mit Ungewissheit und Schuldgefühlen zurücklässt. Er kann nicht anders und gräbt weiter nach der Wahrheit.
Für seine Suche findet er verschiedene Verbündete, darunter auch die aus Kings "Mr. Merdedes"-Trilogie bekannte Holly Gibney. Die kauzige Privatermittlerin stellt Anderson vor die Herausforderung, an ein übernatürliches Phänomen zu glauben. – den "Outsider".
Bis der neue, knapp 750 Seiten dicke Roman von US-Autor Stephen King vom komplexen Krimifall zur simpel gestrickten Horrormär wird, dauert es eine gefühlte Ewigkeit. Figuren, die der 71-Jährige im ersten Drittel seines Werks im Detail einführt, lässt er schließlich abrupt abdanken. Es fällt also zunächst schwer, einen Protagonisten auszumachen.
Detective Anderson übernimmt diese Rolle nach dem überlangen Intro mehr oder weniger. Die vertraute Figur der Holly Gibney stiehlt ihm jedoch zunehmend die Show, als sich die Geschichte zu einem King-typischen Szenario entwickelt. Es geht einmal wieder um die Jagd auf ein unheimliches Monster, das seine Kraft aus der Traurigkeit der Menschen schöpft und sich am liebsten von Kinderblut ernährt.
Es handelt sich um eine Art Formwandler, der die Gestalt von Menschen annehmen und sich so tarnen kann. So macht es sich King leider auch recht einfach, den rätselhaften Fall um Maitland aufzuklären.
Die Geheimnisse um den Outsider werden frühzeitig angedeutet. Ein alter Film und ein paar Online-Recherchen reichen Holly, um das Wesen zu durchschauen. Entsprechend unspektakulär fällt auch der Showdown aus. Das Monster ist im Nu besiegt. Zu allem Überfluss folgt ein finales Kapitel mit überaus kitschigem Happy-End-Charakter. Die Spannung bleibt im Buch aber bereits lange vor der lahmen Begegnung mit dem Outsider auf der Strecke.
Der Reiz der Geschichte ist im Grunde verfolgen, sobald King den übernatürlichen Joker zieht. Zwar leidet auch schon der Anfang des Romans unter gewissen Längen und Redundanzen. Die ausführlichen Verhörprotokolle mit geschwätzigen Zeugen haben minimalen Informationsgehalt. Jedoch gelingt es King zu Beginn immerhin noch, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen. Die Frage nach Maitlands Schuld und die widersprüchlichen Beweise motivieren zum Weiterlesen.
Den Fall rational aufzuschlüsseln, hätte die Spannungskurve vermutlich nicht so rapide abflachen lassen. Als das Monster ins Spiel kommt, ist der weitere Verlauf der Story zumindest für genreerfahrene Leser und King-Kenner in etwa zu erahnen. Die Länge des Romans erweist sich dabei als absolut nicht gerechtfertigt. Nach der ersten Hälfte langweilt King mit Endlos-Dialogen seiner Spielfiguren, die kaum neue Erkenntnisse bringen und zunehmend platter ausfallen.
Vielleicht ist das Buch aber nur so umfassend geworden, um die ganzen Produktplatzierungen darin unterbringen zu können. Ziemlich bemüht hat King, sein Verlag oder eine Marketing-Agentur unzählige bekannte Marken- und Firmennamen in den Text eingebaut. Sogar vergleichende Werbung findet über plumpe Aussagen oder Gedanken der einzelnen Figuren statt.
Das trübt den Gesamteindruck noch ein wenig mehr. "Der Outsider" dürfte auch für eingefleischte Stephen-King-Fans eine große Enttäuschung darstellen. Da greift man lieber noch mal zu einem der großen Klassiker des Horror-Königs oder zu "Sleeping Beauties", seinem im November 2017 veröffentlichten Gemeinschaftswerk mit Sohn Owen.
Mehr Infos zum Autor: www.stephenking.com
"Der Outsider" von Stephen King ist am 27. August 2018 im Heyne Verlag erschienen.
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