Dicker Kopf vom Großstadtstress? Erik Macholl und Andreas John von Fahrenhaidt wollen mit verträumten Pop-Balladen Abhilfe schaffen. Der heikle Balanceakt zwischen atmosphärischem Relax-Soundtrack und gepflegter Langweile gelingt den Produzenten auf "Home Under The Sky" nicht vollends. Mehr...

Fahrenhaidt: Relax-Pop für die Burnout-Generation
© Maximilian Stolarov

Dicker Kopf vom Großstadtstress? Fahrenhaidt wollen mit verträumten Pop-Balladen Abhilfe schaffen.

Hinter Fahrenhaidt steckt das Berliner Produzentenduo Erik Macholl und Andreas John, die sich bislang einen Namen mit Arbeiten für Künstler wie The Baseballs und Yvonne Catterfeld gemacht haben. Seit 2014 haben die beiden Soundtüftler ihr eigenes Musikprojekt am Start. Das im vergangenen Jahr erschienene Debütalbum "The Book Of Nature" kletterte bis auf Platz 13 der deutschen Charts.

Ihrem esoterisch angehauchten Piano-Pop bleiben die Fahrenhaidt-Männer auch auf ihrem zweiten Werk "Home Under The Sky" treu. Macholl und John sehen ihre ruhigen, melodiösen Songs als Ausgleich zum Großstadttrubel. Ihre Inspirationsquelle sei die Natur, in der sie selbst Erholung und Ausgleich suchen. Die Flucht vor dem Stadtalltag findet für die Produzenten jedoch vor allem in ihrer Musik statt, weshalb sie sich nicht so recht mit dem Begriff "Nature Pop" anfreunden wollen.

Produktion wirkt steril und unterkühlt

So recht passt das auch nicht zu der künstlichen Inszenierung der neuen Fahrenhaidt-Titel. Zwar prägen Piano, Gitarre und orchestrale Klänge opulente Balladen wie "Sunrise" und "Undiscovered Heart". Doch das Ganze wird so sehr verhallt und mit anderen Effekten versehen, dass die Produktion insgesamt sehr steril und unterkühlt wirkt.

Dazu gesellt sich stets eine zarte Frauenstimme, die natürlich auch mit extra viel Hall und anderem Schnickschnack bearbeitet wird. Die Sängerinnen am Mikro wechseln quasi unbemerkt: Fahrenhaidt schafffen es tatsächlich, Amanda Pedersen, Alice Merton, Katrine Stenbekk, Adna und Margaret Berger nahezu identisch klingen zu lassen.

Lediglich Cassandra Steen darf der Single "Ich lauf" ihren ganz persönlichen Stempel aufdrücken. Sie singt beim einzigen deutschen Lied der Scheibe im Duett mit Vincent Malin. Die Pop-Nummer erinnert an den Hit "Alles brennt" von Johannes Oerding, bringt aber zumindest etwas Abwechslung ins immer wieder gleich aufgebaute Balladen-Allerlei.

House-Beats sorgen für kurzweilige Abwechslung

Auch "Symphonia" durchbricht das Schema F mit einem dezenten House-Groove. Ähnliches erwartet man zuvor schon bei den meisten anderen Tracks. "Kingdom Of Light" hätte beispielsweise wie der Nummer-1-Erfolg "Faded" von Alan Walker in Beats explodieren können. Doch Fahrenhaidt scheinen lieber Ruhe bewahren zu wollen, um ihr New-Age-Image nicht zu riskieren.

Der Titeltrack "Home Under The Sky", "The River - Part II" und "Bring Me Home" überschreiten die Grenze zur gepflegten Langeweile deutlich. Zu solchen Songs kann man ohne Frage hervorragend entspannen. Man läuft aber auch Gefahr, nach einem herzhaften Gähnen friedlich einzuschlafen.

Fahrenhaidt covern Coldplay und Depeche Mode

Zu allem Überfluss nehmen sich John und Macholl zwei fremde Titel vor, um diese plätschernd-verträumt zu interpretieren: "Paradise" von Coldplay wird mit viel Richard-Clayderman- und Yiruma-Kitsch versehen. Der Klassiker "Enjoy The Silence" von Depeche Mode verkommt in der "Original Version" zur Jammer-Tortur mit anstrengendem Meckergesang.

Besser funktioniert der Younotus-Remix der Neuauflage, der am Albumende nachgereicht wird. Sonderlich originell ist die Coverversion mit dem Dance-Beat aus dem Baukasten dennoch nicht geworden.

Etwas mehr Club-Appeal hätte "Home Under The Sky" allerdings nicht geschadet. So bleibt es bei seichtem, streckenweise sehr langatmigem Relax-Pop für die Burnout-Generation.  

Link: www.facebook.com/fahrenhaidt/

Veröffentlichung am 09.09.2016 (Universal Music)

Angebote bei amazon.de:

B01DEM1FTUB01E6B1P5MB00RG88RB8B00S890RQ2

  • Rezension zu: Fahrenhaidt: Home Under The Sky
  • Redaktionswertung:


Kommentar schreiben

Senden

Weitere Albumchecks