Charlie Puth poliert mit "Nine Track Mind" sein Image als Everybody's Darling auf Hochglanz. Ein bisschen langweilig ist das schon. An potenziellen Hitsingles mangelt es dem aalglatt produzierten Debüt allerdings nicht. Mehr...
Charlie Puth poliert mit "Nine Track Mind" sein Image als Everybody's Darling auf Hochglanz. Ein bisschen langweilig ist das schon.
Justin Bieber avancierte in den letzten Jahren vom unschuldigen Teenieschwarm zum Bad Boy. Da muss schnell ein neuer Saubermann her, der bei Pubertierenden, Schwiegermüttern und am besten bei (fast) jedem gut ankommt.
US-Newcomer Charlie Puth, der seine Karriere wie Bieber auf YouTube begonnen hat, will diesen nicht ganz so einfachen Job übernehmen. Mit charmantem Grinsen und allürfreiem Auftreten sammelt der 24-Jährige in jeder besuchten TV-Show sofort Sympathiepunkte. Selbst die inszenierte Knutscherei mit Kollegin Meghan Trainor bei den American Music Awards 2015 kann man dem Strahlemann nicht übel nehmen. Selbst im prüden Amerika taugt so eine Einlage nicht mehr für einen Skandal, aber durchaus für eine Schlagzeile.
In PR-Dingen ist der junge Mann sowiese gut beraten. Die musikalische Paarung mit Trainor beim Duett "Marvin Gaye" passt hervorragend. Die "All About That Bass"-Sängerin würzte ihr Debüt "Title" mit viel Doo-Wop der 60er und verknüpfte das Ganze mit zeitgemäßen Beats. Auch Puth mag ganz offensichtlich den Sound von damals. Er schreibt soulige Popsongs mit dem gewissen Motown-Feeling, serviert diese aber wie im Falle der aktuellen Single "One Call Away" modern und chartskompatibel.
Während sich Trainor auf Uptempo-Nummern konzentriert, setzt Puth auf seinem ersten Longplayer "Nine Track Mind" hauptsächlich auf Balladen. Natürlich dreht sich dabei fast alles um die Liebe. Charlie lässt seiner romantischen Ader freien Lauf, verteilt als Gentleman Komplimente ("Then There's You") und singt mit viel Herzschmerz über unglückliche Liebschaften ("Dangerously"). Seine samtweiche Stimme, die sich mit Vorliebe in hoher Falsettlage aufhält, entpuppt sich als sicherer Eisbrecher. Kurzum: Die perfekte Einmann-Boygroup!
Dennoch hat man den Eindruck, dass der Gesang bei fast jeder Nummer mit einem Hauch von Auto-Tune versehen wurde. Frei nach dem Motto: Bloß keine Ecken und Kanten zulassen - alles muss zu 100 Prozent steril bleiben! Immerhin fällt so das dünne Stimmchen von Duettpartnerin Selena Gomez beim überraschend elektronischen und sehr eingängigen "We Don't Talk Anymore" nicht weiter auf.
Ein kleiner Ausbruch aus der Balladenschleife stellt auch der rhythmische Track "My Gospel" dar, den Puth zusammen mit Josh Kear (Carrie Underwood, Lady Antebellum) geschrieben hat. Relaxte, aber unspektakuläre Kuschelware gibt es zusammen mit Kollege Shy Carter in Form des Titels "As You Are". Ganz nett, aber auch ganz schön langweilig!
Die routinierten Soul-Pop-Nummern "Up All Night", "Left Right Left" und "Some Type Of Love" gehen da deutlich besser ins Ohr. Puth beherrscht es meisterhaft, unbeschwerte Gute-Laune-Garanten aus dem Ärmel zu schütteln. Dabei geht er ganz bewusst keinerlei Risiko ein.
Immerhin wurde seine Paul-Walker-Abschiedshymne "See You Again" aus dem Soundtrack zu "Fast & Furious 7" fürs Album nicht etwa noch von Wiz Khalifas Rap-Einlagen befreit. Sonst wäre "Nine Track Mind" am Ende gar so glatt ausgefallen, dass akute Ausrutschgefahr bestünde. Doch Charlie Puth rettet sich im letzten Moment mit seinem Zahnpastalächeln und dem treuen Hundeblick. Anschmachten ausdrücklich erlaubt!
Link: www.charlieputh.com
Veröffentlichung am 29.01.2016 (Warner Music)
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