Troye Sivan mag zwar erst 20 Jahre alt sein und noch jünger aussehen. Doch es wäre ein Fehler, den in Südafrika geborenen Australier deshalb zu unterschätzen. Sein Debütalbum weiß mit chilligem Elektro-Pop zu überzeugen. Mehr...
Nachhaltiger Elektro-Pop mit viel Atmosphäre: Troye Sivan findet bereits auf seinem Debütalbum "Blue Neighbourhood" ein stimmiges musikalisches Zuhause.
Troye Sivan mag zwar erst 20 Jahre alt sein und noch jünger aussehen. Doch es wäre ein Fehler, den in Südafrika geborenen Australier deshalb zu unterschätzen. Es ist wirklich beeindruckend, in wie vielen Bereichen sich der Lockenkopf in den letzten Jahren schon erfolgreich ausprobiert hat.
2007 schaffte er es bis ins Finale der australischen Castingshow "StarSearch" und veröffentlichte mit "Dare To Dream" eine erste EP. In den folgenden Jahren widmete er sich der Schauspielerei, schlüpfte in die Rolle von Oliver Twist am Theater und war im Kino als junger James Howlett in "X-Men Origins: Wolverine" zu sehen.
Seit 2012 ist Troye zudem auf YouTube aktiv und serviert regelmäßig Clips mit ganz unterschiedlichem Inhalt: Er plaudert mit viel Selbstironie aus seinem Leben, albert gemeinsam mit befreundeten Vloggern herum oder lädt zur Aufklärungsrunde ein. Troyes bunter Mix scheint anzukommen: Inzwischen haben über 3,7 Millionen Fans seinen Kanal abonniert.
Das sind beste Voraussetzungen, um nun auch musikalisch richtig durchzustarten. Für sein Debütalbum "Blue Neighbourhood" arbeitete Troye mit der Songwriterin Alex Hope und einem jungen Produzenten-Trio, bestehend aus Bram Inscore, Brett McLaughlin und Allie X, aus Los Angeles zusammen. Keiner der 15 Songs hat er jedoch komplett fremden Autoren überlassen. So sind die Lyrics stark autobiografisch geprägt: Troye thematisiert seine Kindheit in einer sehr konservativen jüdischen Gemeinde in einem Vorort von Perth. Er singt ganz offen über seine Homosexualität, ersten Liebeskummer sowie seine Sehnsüchte und Wünsche für die Zukunft. Das wirkt alles sehr authentisch und hat so viel mehr Tiefgang als die Liebes-Plattitüden und Party-Parolen eines Justin Bieber.
Der Vergleich zwischen Troye und dem skandalträchtigen Teenie-Star liegt nicht nur wegen des fast gleichen Alters nahe. Auch musikalisch bewegen sich die beiden auf ganz ähnlichen Pfaden: Doch während Bieber auf seinem aktuellen Longplayer "Purpose" mehr mit tanzbaren Beats und coolen Clubsounds kokettiert, bleibt Troye auf der chilligen Seite des Electronica-Ufers. Das passt natürlich besser zu der nachdenklichen Grundstimmung seiner Texte und den melancholischen Melodien.
Balladen wie "Talk Me Down", "Heaven" (feat. Betty Who), "Lost Boy" und "Suburbia" verfügen trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer stark elektronischen Instrumentierung über viel Atmosphäre. Mit "Youth" und "Wild" wandert Troye auf den Spuren von Lorde: Das ist griffiger Elektro-Pop, der chartskompatibel ist, aber dennoch einen gewissen Indie-Charme mitbringt.
Überhaupt entpuppt sich der Sänger als Meister des subtilen Ohrwurms: Das gespenstische "Bite" und das relaxt groovende "Cool" entfalten erst nach mehreren Durchgängen ihre ganze Wirkung. Einzelne Textzeilen und Melodiefetzen spuken nachhaltig im Kopf herum und geben erst Ruhe, wenn man wieder auf die magischen Tracks zurückspringt.
"Blue Neighbourhood" ist ohnhein ein Pop-Album, das sich auch bei Dauerrotation nicht so schnell abnutzt: Die Songs offenbaren immer wieder neue Details, die es nach und nach zu entdecken gilt. So wird die verträumte Ballade "Blue" nicht unbedingt gleich als Duett wahrgenommen, weil Troye und seine Gesangspartnerin Alex Hope eine sehr ähnliche Stimmfarbe besitzen.
Die gesangliche Beteiligung des neuseeländischen Duos Broods beim verspielten "Ease" bleibt ebenfalls sehr dezent. Deutlich präsenter tritt die junge Rapperin Tkay Maidza beim düsteren Titel "DKLA" in Erscheinung: Noch so eine Nummer, die sich erst mit der Zeit im Ohr festbeißt.
Zu den eher langweiligen Momenten der CD zählen das beatlastige "The Quiet" und das doch etwas kitschige "for him." Diese können den sehr guten Gesamteindruck aber nicht trüben: Troye Sivan ist ein talentierter und spannender Newcomer, der das Musikgeschehen 2016 entscheidend mitbestimmen dürfte.
Link: www.troyesivan.com
Veröffentlichung am 04.12.2015 (Universal Music)
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