Ray WilsonViel Depri-Stimmung mitten im Frühling: Vielleicht hätte Ray Wilson mit der Veröffentlichung seines neuen Albums „Song For A Friend“ bis zum Herbst warten sollen. Sehnsüchtig und mit viel Pathos blickt er zurück auf emotionale Erlebnisse. Mehr...

Melancholie-Überdosis von Ray Wilson
© Jaggy D / Soulfood

Viel Depri-Stimmung mitten im Frühling: Vielleicht hätte Ray Wilson mit der Veröffentlichung seines neuen Albums bis zum Herbst warten sollen.

Optisch könnte man Ray Wilson inzwischen fast mit Rea Garvey verwechseln. Der ehemalige Stiltskin-Kopf spielt musikalisch aber mindestens eine Liga höher. Vor allem seine kräftige Röhre gilt als eine der besten im Rock-Biz. Von 1996 bis 1999 ließ sie ihn sogar kurzzeitig zum Frontmann bei Genesis aufsteigen, als Phil Collins seinen Hut nahm.

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An diesen ganz großen Erfolg konnte Wilson mit seiner späteren Band Cut, als Solokünstler und mit der Stiltskin-Reunion im Jahre 2005 bislang nicht mehr anknüpfen. Als Live-Künstler zieht der 47-Jährige aber schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich durch Europa und begeistert vor allem mit seinen Akustik-Sets.

Der sehnsüchtige Blick zurück

Nach dem Doppel-Live-Album „Up Close And Personal“ aus dem Jahre 2014 setzt der Musiker auch auf seinem neuen Studiowerk „Song For A Friend“ auf eine sehr minimalistische Instrumentierung. Die Akustikgitarren dominieren durchgehend, es bleibt ruhig und balladesk. Aus dem Rocker wird endgültig ein nachdenklicher Songwriter, der sehr emotionale Themen angeht.

Das Titelstück widmet er seinem 2015 verstorbenen Freund James Lewis. Die Nummer erinnert stark an den gut elf Jahre alten Hit „Hey There Delilah“ von den Plain White T's. Relaxt gezupfte Saiten und eine melancholische Melodie machen auch das ähnlich gestrickte „Backseat Driving“ aus. Überhaupt drehen sich Wilsons kleine Anekdoten aus dem Leben vorwiegend um Vergangenes: Menschen, die er auf dem Weg verloren hat. Fehler, die er bereut. Momente, in die er sich zurücksehnt.

Die nostalgischen, sehnsüchtigen Blicke zurück kommen nicht ohne Allgemeinplätze aus, bestechen aber meist durch hymnische Refrains. Gleich beim Opener „Old Book On The Shelf“ serviert Wilson viel Pathos, allerdings ohne dabei gen Kitsch abzudriften. Die Grenze zwischen zeitlos und angestaubt mag er zuweilen aber durchaus überschreiten („Over My Dead Body“, „Not Long Till Springtime“).

Hoffnungsschimmer mit Pop-Appeal

Vielleicht liegt dieser Eindruck auch an der allzu schwermütigen Grundstimmung der ersten Albumhälfte. Mit dem schwungvoller schrammelnden „Parallel Souls“ und dem griffigen „Tried And Failed“ ist dann jedoch ein Hoffnungsschimmer am Horizont auszumachen. Hier ist Wilsons Blick wieder mehr nach vorn gerichtet. Die beiden Songs wirken frischer, gerade weil sie eine angenehme Portion Pop-Appeal mitbringen.

Am Ende wagt sich der Schotte dann noch an den Klassiker „High Hopes“ von Pink Floyd, entfernt sich dabei kaum vom Original. Selbst wenn er so keine neue Facette des Songs herauskitzelt, ist dieser doch ein schönes Forum für sein ausdrucksstarkes Organ.

Wer dieses einmal live erleben will, hat in den kommenden Monaten ausreichend Gelegenheit dazu: Ray Wilson tourt bis ins nächste Jahr hinein durch Deutschland - mit seinem eigenen Songmaterial und Genesis-Hits im Klassik- und Akustik-Gewand (Termine und Tickets bei eventim.de).

Link: www.raywilson.net

Veröffentlichung am 03.06.2016 (Jaggy D / Soulfood)

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  • Rezension zu: Ray Wilson: Song For A Friend
  • Redaktionswertung:

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