Paolo NutiniEine fünfjährige Kreativpause scheint Paolo Nutini genutzt zu haben, um erwachsen zu werden. Ohne jugendlichen Esprit klingt der mal mehr bluesige, mal mehr funkig-jazzige Retro-Soul des Schotten allerdings arg träge und routiniert. Mehr...

Keine Gute-Laune-Hits mehr von Paolo Nutini
© Warner Music

Als Endzwanziger will Paolo Nutini endlich erwachsen klingen und sperrt die gute Laune aus. Sein neuer Silberling "Caustic Love" kann deshalb auch keinen neuen Hit vorweisen.

Nach zwei erfolgreichen Alben und Hits wie "Last Request", "New Shoes" und "Candy" hatte Paolo Nutini erst mal genug vom Rampenlicht. Der Sänger und Songwriter mit der markant-rauen Soulstimme nahm sich eine mehrjährige Auszeit, um sich wieder mehr seinem Privatleben zu widmen. Das ist dem inzwischen 27-Jährigen heilig, wie er immer wieder in Interviews betont.

Aktuell gibt er wieder viele davon: Nutini hat seine mediale Abwesenheit natürlich auch als kreative Pause genutzt, um neue Songs zu schreiben. Das Ergebnis präsentiert er nun auf dem Lonplayer "Caustic Love", der deutlich erwachsener und düsterer klingt als die Vorgänger. Unbeschwerte, heitere Ohrwürmer mit dem typischen Nutini-Schalk und einer gewissen Ironie sucht man auf der neuen CD vergebens. Selbst bei den Balladen scheint das Motto: Bloß nicht zu griffig schmusen, sonst könnte die Nummer ja im Formatradio landen!

Single-Kandidaten verzweifelt gesucht

Daran scheint Nutini wenig Interesse zu haben: Er will lieber relaxt jammen, experimentieren und damit vielleicht bewusst sein Image als gut gelaunter, knuffiger Strahlemann ablegen. Das hört sich fast so an, als würde er mit "Caustic Love" einen völligen Stilbruch begehen. Dem ist allerdings nicht so: Der Schotte mit den italienischen Wurzeln bleibt fest verankert in seinem Genre-Mix aus Retro-Soul, Blues und Folk mit funkigen, rockigen und jazzigen Akzenten.

Was diesmal fehlt, sind die hymnischen Refrains und die treffsicheren Melodien. Dem neuen Songmaterial mangelt es schlichtweg an Pop-Charakter, um wie Nutinis bisherigen Stücke auf Anhieb im Ohr zu bleiben.

Selbst markantere Songs wie der wuchtige Opener "Scream (Funk My Life Up)", der bluesige Dub-Track "Let Me Down Easy" und das motownige "One Day" brauchen mehrere Durchgänge für einen festen Platz im musikalischen Gedächtnis. "Fashion", Nutinis gemeinsames Duett mit Janelle Monáe, erweist sich als handwerklich astrein produzierte Funk-Rock-Nummer. Das Lied an sich kommt allerdings ohne eine zündende Idee aus.

Nutini hat seinen jugendlichen Esprit verloren

Auf weiten Strecken plätschert es sogar gewaltig auf Paolos neuer CD: Das schläfrige "Diana" eignet sich als Rausschmeißer in einem verrauchten Jazz-Club. "Looking For Something" und "Iron Sky" grooven träge und arg routiniert. Dank Nutinis gefühlvoller Röhre sind diese Songmomente immerhin gepflegte Langeweile. Pepp fehlt auch dem reduzierten Finale mit der Ballade "Someone Like You", die aber einen liebenswerten 60er-Jahre-Charme vorweisen kann.

Aber warum so ernst? Diese Frage stellen sich Nutini-Fans der ersten Stunde wohl nicht erst nach diesem letzten Lied: Paolo hat seinen jugendlichen Esprit und damit vielleicht auch eine seiner großen Stärken verloren. "Caustic Love" macht lange nicht so viel Spaß und gute Laune wie einst "These Streets" und "Sunny Side Up". Schade!

Link: www.paolonutini.com

Veröffentlichung am 11.04.2014 (Warner Music)

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  • Rezension zu: Paolo Nutini: Caustic Love
  • Redaktionswertung:

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