Annett Louisan lässt sich nicht lumpen: Nachdem ihr letztes reguläres Studioalbum bereits fünf Jahre zurückliegt, veröffentlicht sie jetzt eine Doppel-Scheibe. Auf "Kleine große Liebe" verzaubert die Sängerin mit bewährtem Schalk und Charme, überrascht aber auch mit elektronischem 80er-Pop. Mehr...
Annett Louisan lässt sich nicht lumpen: Nachdem ihr letztes reguläres Studioalbum "Zu viel Information" bereits fünf Jahre zurückliegt, veröffentlicht sie jetzt eine Doppel-Scheibe mit 20 ganz neuen Liedern.
"Kleine große Liebe" folgt auf einen Longplayer voller Coverstücke: "Berlin, Kapstadt, Prag" erschien 2016 quasi begleitend zu Louisans Teilnahme an der Vox-Show "Song meinen Song". Noch im Frühjahr 2017 absolvierte die Sängerin eine Tour, bevor sie sich im anschließenden Sommer aus der Öffentlichkeit zurückzog.
Aus gutem Grund: Ihre kleine Tochter erblickte Ende Juli das Licht der Welt. Ein einschneidendes Lebensereignis wie die Geburt des ersten Kindes inspirierte Louisan wie schon viele andere Künstler. Das äußert sich ganz offensichtlich in zwei Titeln, die sich direkt um den Nachwuchs drehen:
Ein Hauch von Bossa Nova weht durch das entspannte "Ein besserer Mensch", in dem die 41-Jährige noch zu ihrem ungeborenen Baby singt. In der pianesken Ballade "Traum" sieht sie ihre Tochter dagegen schon aufwachsen und flügge werden.
Ihre neue Mutterrolle als große Veränderung im Privaten scheint Louisan aber auch dazu ermutigt zu haben, sich musikalisch auszuprobieren. Das wird vor allem auf der Album-Hälfte "Große Liebe" deutlich. Diese entstand vorwiegend in Zusammenarbeit mit Peter Plate, Ulf Leo Sommer und Daniel Faust, den kreativen Köpfen hinter Rosenstolz.
In Tracks wie "Borderline", "Traumpaar aus der Gosse" und "Haie" kann Annett ihre Leidenschaft für elektronischen 80er-Pop ausleben. Ihre Stimme wird hier und da sogar durch den Vocoder gejagt. Die vorausblickende Liebeserklärung "Vielleicht" lockt schließlich mit einem dezenten House-Beat auf die Tanzfläche. Diese Überraschungen muss man gehört haben, um festzustellen: Louisan auf Synthie-Abwegen – das funktioniert überraschend gut!
Rosenstolz-Theatralik schimmert beim opulent inszenierten "24 Stunden" durch. Die augenzwinkernde Nummer über die aufsteigende Panik vor einem anstehenden Date verleitet die Protagonistin am Mikro sogar zu einer klassischen Gesangseinlage.
Klares Highlight auf "Große Liebe" ist aber gleich der bereits als Single veröffentlichte Opener "Belmondo". Die Analyse einer eingeschlafenen Beziehung in dramatischer Retro-Filmmusik-Verpackung steckt voller Melancholie und Wortwitz.
Letzteren hat Louisan längst zu ihrem Markenzeichen gemacht, nicht zuletzt dank langjähriger Songwriter-Unterstützung von Frank Ramond. Dieses macht sich allerdings mehr auf der ersten Album-Hälfte bemerkbar, für die sie gemeinsam mit Ramond, Martin Lingnau, Tobias Kuhn und ihrem Ex-Lebensgefährten Martin Gallop Songs geschrieben hat.
Was dabei auffällt: Mit Schalk und Charme besingt die Chansonnière nicht mehr nur die Liebesdramen und Eigenarten fiktiver Charaktere ("Eine Frage der Ehre", "Two Shades Of Torsten"). Die meisten Texte tragen nun eine autobiografische und nicht zuletzt selbstironische Note ("Klein", "Ich tu nur weh wenn ich liebe", "Saboteur").
Der Walzer "Wir sind verwandt" über die Streitereien beim Familienessen mit der Verwandtschaft setzt dabei besonders amüsantes Kopfkino in Gang. Mit dem zeitlosen "Die schönsten Wege sind aus Holz" klingt die "Kleine Liebe" ganz großartig aus. Das poetische Channson beschert auf der anstehenden Tour sicher einen unvergesslichen, da sehr intimen und emotionalen Live-Moment.
Los geht es im Sommer mit etlichen Open-Air-Terminen. Von Oktober bis Ende November begibt sich Annett Louisan dann auf reguläre Konzertreise durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Nach einer Winterpause setzt die Musikerin ihre Tour im März und April 2020 fort.
Alle Termine unter: www.annettlouisan.de
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