Mit „Other“ ist 80er-Star Alison Moyet ein außergewöhnliches und spannendes Pop-Album gelungen. Das funktioniert auch ohne großen Hit, weil die 56-jährige Sängerin große Experimentierfreude an den Tag legt und Genre-Klischees komplett ausspart. Mehr...

Überraschend anders: Das neue Album von Alison Moyet
© Steve Gullick

Mit „Other“ ist 80er-Star Alison Moyet ein außergewöhnliches und spannendes Pop-Album gelungen. Das funktioniert auch ohne großen Hit.

Alison Moyet verbindet man vor allem mit den 1980ern. Damals feierte sie gemeinsam mit Vince Clarke erste Erfolge als Pop-Duo Yazoo. Später landete die britische Sängerin mit Songs wie „All Cried Out“, „For You Only“ und „Is This Love?“ auch im Alleingang in den Charts. Für ihr Solodebüt „Alf“ (1984) erhielt sie einen Brit Award.

Mitte der 90er wurde es zunächst ruhig um die Tochter eines Franzosen und einer Engländerin. Seit 2002 ist Moyet wieder musikalisch aktiv und veröffentlichte seither sporadisch neue Alben, die vor allem in ihrer Heimat noch immer reißenden Absatz fanden.

Elektro-Pop geht auch authentisch

Für ihr neuestes hat sich die inzwischen 56-Jährige gut vier Jahre Zeit gelassen. „Other“ entstand wieder in enger Zusammenarbeit mit dem Produzenten Guy Sigsworth (Madonna, Alanis Morissette). Dieser wusste Moyets kräftig-markantes Alt-Timbre schon beim Vorgänger „The Minutes“ ins rechte Licht zu rücken.

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Trotz stark elektronischer Verpackung schafft es Moyet, überaus authentisch zu klingen. Ihre zehn neuen Songs bestechen durch eine düstere, melancholische Atmosphäre. Die poetischen Lyrics geben sich geheimnisvoll und lassen viel Interpretationsspielraum. Moyet spart Pop-Klischees komplett aus und benennt Legasthenie, die griechische Unterwelt-Göttin Persephone und das Locked-In-Syndrom als Themen auf „Other“.

Wie Depeche Mode zu Hochzeiten

Die musikalische Interpretation dieser fällt wenig chartskompatibel, dafür äußerst abwechslungsreich aus: Bereits der dramatisch wummernde Opener „I Germinate“ verspricht ein besonderes Hörerlebnis. Das bedrohliche „Lover, Go“ spielt mit Trip-Hop-Elementen und erinnert an den Klassiker „Teardrop“ von Massive Attack. „The English U“ fährt ein Meer aus cineastischen Streichern auf. Zarte Harfenklänge und Moyets Tochter Alex, die im Hintergrund leise mitsingt, bringen Zerbrechlichkeit in den Soundbombast.

Aus einem dunklen Musical entsprungen scheint die Ballade „The Rarest Birds“. Diese beweist Mut zu Harmoniebrüchen und zählt dennoch zu den griffigsten Nummern des Longplayers. Als Single drängt sich dann aber das großartige „Beautiful Gun“ auf: Moyet zeigt sich hier wie auch später beim Albumfinale mit „Alive“ von ihrer rauen Seite. Beide Titel dürften Depeche-Mode-Fans zum Frohlocken bringen. Genau solch kratzige Elektro-Pop-Perlen lässt das jüngste Werk von Dave Gahan und Co vermissen.

Deutschland-Tour im Dezember

80er-Synthies prägen das blubbernde und beatlastige „Reassuring Pinches“ sowie das unbeschwert stampfende „Happy Giddy“. Mit dem betörend gesprochenen „April 10th“ entführt Moyet schließlich noch in den stickigen Underground-Club. Der ruhige, pianeske Titelsong „Other“ fällt danach umso mehr aus der Reihe und wirkt fast wie ein Fremdkörper auf der CD.

Doch gerade diese Unberechenbarkeit und Moyets ungebrochene Experimentierfreude machen die Scheibe aus. Im Dezember bringt die Sängerin ihr musikalisches Überraschungspaket live auf deutsche Bühnen. Geplant sind Konzerte in Köln (09.12.), Berlin (11.12.), Hamburg (12.12.), Aschaffenburg (13.12.) und Karlsruhe (15.12.).

Mehr Infos zur Künstlerin: www.alisonmoyet.com

Veröffentlichung: 16.06.2017 (Cooking Vinyl / Sony Music)

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  • Rezension zu: Alison Moyet: Other
  • Redaktionswertung:

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