Alles neu bei Alexa Feser: Die in Berlin lebende Songschreiberin hat schon vor einiger Zeit beim Major-Label Sony Music unterschrieben und sich einer musikalischen Verjüngungskur unterzogen.
Alexa Feser erfindet sich auf „Liebe 404“ neu – ohne Rücksicht auf Verluste.
Alles anders bei Alexa Feser: Die in Berlin lebende Sängerin und Songschreiberin hat schon vor einiger Zeit beim Major-Label Sony Music unterschrieben und sich einer musikalischen Verjüngungskur unterzogen. Hymnischer Piano-Pop war gestern. Ihr fünftes, frisch erschienenes Album „Liebe 404“ kommt überaus elektronisch daher und setzt dabei vor allem auf synthetische Hip-Hop-Beats.
Damit der unerwartete Stilwechsel gelingt, hat Alexa gleich zwei Männer vom Fach als Albumgäste angeheuert. Doch obwohl deutschsprachiger Rap gerade boomt, konnten die Singles „Fluchtwagen“ mit Kool Savas und der Anfang Dezember veröffentlichte Titeltrack „Liebe 404“ mit Sero keine großen Wellen schlagen. Der Imagewandel von der nachdenklichen Songpoetin fürs erwachsene Publikum zur cool posierenden, Hoodie tragenden Hip-Hop-Braut für die jugendliche Zielgruppe stellt aber auch eine verflixte Herausforderung dar.
Doch Feser scheint voll und ganz überzeugt von der Richtung, die sie eingeschlagen hat. Auf ihren Social-Media-Profilen war in jüngerer Vergangenheit ein spannendes Phänomen zu beobachten: Kommentare irritierter Fans, die es wagten ihre Verwunderung oder gar Kritik zu äußern, beantwortete die 42-Jährige gerne mal schnippisch. Oder entsprechende Beiträge wurden direkt gelöscht. Frei nach dem Motto: Wer nicht mitzieht, wird knallhart aussortiert.
Die Refrainzeilen des Songs „Memo“ passen da ganz gut: „Lass die Menschen gehen, wenn sie nicht bleiben wollen, die Dinge nicht entstehen, die nicht entstehen sollen. Du wirst nicht kleiner oder größer, weil du anderen gefällst. Vergiss das nie: Memo an mich selbst.“
Wenn sich die bisherige Hörerschaft frustriert oder gar verärgert abwendet, bleibt es also vermutlich bei einem gleichgültigen Schulterzucken der Künstlerin. Ironischerweise dürfte der besagte Titel ihre bisherige Zielgruppe kaum verschrecken. Mit poetischen Lyrics und einer griffigen Melodie setzt Feser hier auf bewährte Stärken.
Auf einem früheren Werk hätte sie „Memo“ vielleicht noch als emotionale Ballade inszeniert. Nun lockt ein ein Breakbeat auf die Tanzfläche, aber das passt in diesem Fall ganz gut. Das melancholisch-verzweifelte „100 Samurai“ sticht ebenfalls heraus und bleibt allein durch die lebendigen Metaphern („Es sind hundert Samurai in meinem Bauch, führen Krieg und schneiden mich von innen auf...“) in Erinnerung. Akustisch inszeniert hätte das Lied aber sicher noch viel intensiver wirken können. Das penetrante Stampfen im Hintergrund erweist sich als störender Emotionsdämpfer.
Scheppernde Plastik-Beats und eingespielte Samples ziehen sich wie ein roter Faden durch die Tracks und sorgen für viel Unruhe. Die sterile Produktion wirkt oft überladen und arbeitet gegen Fesers gefühlvollen Gesang.
„Mein letztes Album war sehr opulent, sehr poppig. Der Sound von Liebe 404 ist viel abgespeckter, filigraner geworden. Ich habe entrümpelt. Wortwörtlich und im übertragenen Sinne auch musikalisch“, macht Alexa in der Pressemitteilung zu ihrem Longplayer ein Versprechen, das sich schlichtweg als PR-Blabla entpuppt.
„Mache Musik, aber jede Melodie hört sich wie die letzte an“, heißt es selbstkritischer in der ersten Strophen des Songs „Air Max“. Das Problem: Trotz dieser Erkenntnis während einer Liebeskummer-Phase scheint es genau diese eine Melodie am Ende doch mehrfach aufs Album geschafft zu haben – in mal mehr, mal weniger abwechslungsreichen Variationen.
In einem Moment ist Alexa noch im Fluchtwagen mit Kool Savas unterwegs, im nächsten besingt sie plötzlich den „Aufstehmenschen“ oder fühlt sich kalt wie eine halbe Flasche „Belvedere“. Doch irgendwie klingt alles wie aus einem Guss – wie ein einziger Song, der einfach nicht enden will. Selbst mit Duettpartnerin Esther Graf kommt bei „Schiebedach“ nur bedingt Abwechslung in die Monotonie.
„Leute, die nicht wissen, was sie wollen, doch sie wollen es von mir, mich andauernd stressen mit den Dingen, die mich gar nicht interessieren. All die vielen Menschen, die mir täglich meine Laune ruinieren. Das lass' ich alles hinter mir“, gibt es aber gleich noch mal eine deutliche Ansage an alle, denen es nicht passt.
Ohne Stresser und lästige Kritiker im Nacken wird am Ende alles gut, wie Alexa mit dem Rausschmeißer „Optimist“ zum Ausdruck bringt. Im Refrain bedient sie sich bei der Melodie des Falco-Hits „Egoist“. Trotz des bekannten Originals verfehlte die bereits im Sommer 2020 veröffentlichte Nummer die Charts. Wenn Feser als musikalisch generalüberholter Mainstream-Act weiterhin nicht funktionieren will, erfolgt mit dem nächsten Album vielleicht wieder die Rolle rückwärts: Zurück ans Piano, weg mit den Plastik-Beats!
Doch es bleibt ein Risiko: Die Suche nach vergraulten Fans könnte dann mit dem Statuscode „404 Not Found“ beantwortet werden.
Veröffentlichung am 4. Februar 2022 (Sony Music)
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