Alex Diehl entpuppt sich auf seinem neuen Album als allzu braver Friedensbotschafter. Der handgemachten Balladen-Kost auf „Bretter meiner Welt“ fehlt es an Biss. Nur mit Laith Al-Deen wird es mal rockiger. Mehr...
Alex Diehl entpuppt sich auf seinem neuen Album „Bretter meiner Welt“ als allzu braver Friedensbotschafter.
„Ein bisschen Frieden“, sang Nicole 1982 für Deutschland beim Eurovision Song Contest, der damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson hieß. Der Heile-Welt-Schlager aus der Feder von Ralph Siegel bescherte uns damals den Sieg beim Wettbewerb. Die Botschaft des Titels ist 34 Jahre später leider noch immer topaktuell.
Das hat auch Liedermacher Alex Diehl erkannt: Mit seiner Ballade „Nur ein Lied“, in der er die Terroranschläge von Paris verarbeitet und verurteilt, trat er im Februar beim deutschen Vorentscheid zum ESC an. Am Ende reichte es mit der gemächlichen Friedensnummer nur für den zweiten Platz hinter „The Voice Of Germany“-Gewinnerin Jamie-Lee Kriewitz und ihrem modernen Popsong „Ghost“. Halb so schlimm: Der Auftritt verhalf Diehl endlich zu größerer Aufmerksamkeit. Sein neues Album „Bretter meiner Welt“ findet so sicher mehr Gehör als sein 2014 veröffentlichtes Debüt „Ein Leben lang“.
Die klaren politischen Äußerungen und der Pathos der Vorab-Single zeichnen auch die weiteren neuen Songs des 28-jährigen Bayers aus. Selten wird es dabei etwas rockiger wie beim Solidarität und Menschlichkeit fordernden „Ein Zeichen“, einem Duett mit Kollege Laith Al-Deen. Diehl lässt es lieber ruhiger angehen. Dennoch entwickeln sich die zahlreichen Balladen durchaus dynamisch, steigern sich stets zu einem klagenden, hymnischen Finale. Große Emotionen sind vor allem beim Lied „Silvester“ angesagt, das der Sänger für einen verstorbenen Freund geschrieben hat. Die Thematik Abschied und Verlust macht auch das melancholische „In meiner Seele“ aus.
Bei aller Traurigkeit, die seine Musik mit sich bringt, hat Diehl aber immer den Hoffnungsschimmer am Horizont vor Augen: Der Titelsong und auch „Hör auf...!“ verlassen sich auf Durchhalteparolen. Nein, der originellste Texter ist der Newcomer nicht - trotz der wichtigen Botschaften und bewegenden Geschichten, denen er sich widmet. Allzu platte Reime und oft gehörte Allgemeinplätze passen zwar zu den zuweilen abgenutzten Akkorden („Bitte werde nie ein Song“, „Hurrikan“), aber nicht zum Tiefgang, den er mit seinen Inhalten anzuvisieren versucht.
Sein braver Liedermacher-Pop leidet unter einer fast schon biederen Ernsthaftigkeit. So ein bisschen mehr Biss, Wut und Lautstärke hätte der Scheibe gerade bei den kritischen Statements gut getan. Authentisch kommt Diehl dennoch rüber: Das Unaufgeregte steht dem Nomalo-Typ aus der Chiemgau-Provinz, die handgemachte Inszenierung seiner Stücke sowieso. Ein interessanter Sänger ist er auch - irgendwo zwischen Heinz Rudolf Kunze und Herbert Grönemeyer.
So nachhaltige Lieder, wie diese beiden Größen der deutschen Musiklandschaft im Laufe ihrer Karrieren hervorgebracht haben, gilt es für Diehl noch zu schreiben. „Bretter meiner Welt“ bleibt gepflegte und ein wenig langweilige Balladen-Kost mit einer Überdosis Weltschmerz.
Link: www.alex-diehl.de
Veröffentlichung am 15.04.2016 (Universal Music / Electrola)
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