Der Horrorstreifen „Unknown User“ versucht sich als „Blair Witch Project“ der Internet-Generation. Die Inszenierung durch Regisseur Levan Gabriadze ist dabei innovativ ausgefallen. Inhaltlich gibt es leider keinen Aha-Effekt. Mehr...
Ein Cyber-Dämon übt blutige Rache im Horrorfilm „Unknown User“, der neu fürs Heimkino zu haben ist.
Ein Genre-Klassiker kann auch mit Mini-Budget gelingen. Das bewiesen Eduardo Sánchez und Daniel Myrick 1999 eindrucksvoll mit „Blair Witch Project“. Im Grunde braucht es nur eine innovative Idee: Was damals das Found-Footage-Konzept war, ist im neuen Horrorstreifen des georgisch-russischen Regisseurs Levan Gabriadze der starre Blick auf den Laptop eines jungen Mädchens.
In „Unknown User“ trifft sich Blaire (Shelley Henning) zur Skype-Konferenz mit ihren Freunden. Schnell bemerkt die Clique einen unbekannten Nutzer in ihrer Videochat-Runde. Dieser überträgt jedoch kein Bild und meldet sich zunächst auch nicht per Textnachricht zu Wort. Handelt es sich etwa um eine Malware?
Die Versuche, den vermeintlichen Computerschädling loszuwerden, scheitern. Als Blaire und die anderen plötzlich dubiose Facebook-Nachrichten erhalten, besteht kein Zweifel mehr: Hinter dem „Unknown User“ muss eine echte Person stecken. Diese scheint sich einen ganz bösen Scherz zu erlauben, denn sie schreibt den Jugendlichen über das Profil ihrer toten Schulkameradin. Laura (Heather Sossaman) beging ein Jahr zuvor Selbstmord, weil sie das Cyber-Mobbing nach einem peinlichen Party-Vorfall nicht mehr länger ertragen konnte.
Blaire und ihre Freunde tragen an dem tragischen Zwischenfall mehr Schuld, als sie zugeben wollen. Die ganze Wahrheit soll aber schon bald ans Licht kommen: Der geheimnisvolle Fremde im Chat setzt die Teens zunehmend unter Druck und beginnt ein perfides Spiel. Die Regeln sind einfach: Wer sich aus dem Chat klickt, stirbt. Wer nicht auf Fragen antwortet, stirbt. Und wer weiter das Blaue vom Himmel lügt, stirbt erst recht. Wie ernst diese Drohungen zu nehmen sind, zeigt sich bereits beim ersten Regelbruch.
Genau hier tappen Gabriadze und Drehbuchautor Nelson Greaves trotz der originellen Inszenierung recht schnell in die Routine-Falle. Das simple „Einer nach dem anderen“-Prinzip und ein paar obligatorische Schockeffekte kennen Horrorfans bereits aus unzähligen Teenie-Slasherfilmen. Allzu blutig und brutal wird „Unknown User“ allerdings nie: Die eingeschränkten Videochat-Ansichten auf dem Desktop der Protagonistin deuten das Gemetzel die meiste Zeit nur an. Mit regelmäßigen Bildaussetzern schont Gabriadze das Effekte-Budget erfolgreich. Der Film begnügt sich mit ein wenig spritzendem Kunstblut.
Das stört keineswegs: Die Spannung und Dynamik entwickelt sich allein durch die konsequente Konzentration auf Blaires Bildschirmaktivitäten. Der ständige Wechsel zwischen verschiedenen Social-Media-Plattformen, Anwendungen und Chats bringt Tempo ins Spiel und wirkt sehr realistisch. Am Ende wird der „Unknown User“ aber doch als übersinnlichen Phänomen erklärt. Das ist schade, weil man insgeheim noch auf eine clevere, überraschende Auflösung hofft. Der kleine Twist am Ende, in Form einer nicht allzu schwer zu erahnenden Offenbarung, stellt wahrlich kein Aha-Erlebnis dar.
Doch dem kurzweiligen Streifen fehlt es nicht nur an Subtilität, sondern auch an echten Identifikationsfiguren. Die Charaktere erweisen sich als wenig bis gar nicht sympathisch, ihrem Ableben steht das Publikum gleichgültig gegenüber. Die Figuren bleiben aber ganz bewusst oberflächlich und klischeehaft gezeichnet: Zum einen bietet das Videochat-Konzept aus einer Einzelperspektive ohnehin kaum Möglichkeit für mehr. Zum anderen sollen Blaire und Co ganz bewusst nur oberflächliche Jugendliche sein. Schließlich haben sie eine Schulfreundin per fiesem Cyber-Mobbing in den Tod getrieben.
Die simple Moral von der Geschicht: Liebe Teenies, seid lieb zueinander – auch im Netz!
Link: www.facebook.com/unknown.user.de
Veröffentlichung am 07.01.2016 auf DVD und Blu-ray (Universal Pictures)
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