Daniel Radcliffe pupst jetzt auch im Heimkino: Die skurrile US-Komödie "Swiss Army Man" übertreibt es mit dem Fäkalhumor und anderen durchgeknallten Ideen. Der tiefere Sinn darin ist reine Interpretationssache. Mehr...

Swiss Army Man: Daniel Radcliffe als furzende Wasserleiche
© Koch Media / Capelight Pictures

Daniel Radcliffe pupst jetzt auch im Heimkino: Die US-Komödie "Swiss Army Man" übertreibt es mit dem Fäkalhumor.

Den Drehbuchautoren in Hollywood mangelt es an frischen Ideen. Sie trauen sich nicht, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue, mutige Geschichten zu erzählen. Solche Kritikervorwürfe haben bereits Klischee-Charakter. Und doch steckt viel Wahrheit darin: Man denke nur an den Sequel- und Remake-Wahn der letzten Jahre.

Das Filmemacher-Duo daniels, bestehend aus Daniel Kwan und Daniel Scheinert, scheint sich den Wunsch nach der großen Kino-Überraschung zu Herzen genommen zu haben. In ihrem Debütstreifen "Swiss Army Man" schockieren sie mit Skurrilitäten. Diese trieben schon bei der Premiere auf dem Sundance Filmfestival im vergangenen Jahr viele Zuschauer vorzeitig aus dem Kinosaal.

Praktische Blähungen

Das ist durchaus nachvollziehbar, da es bereits die Prämisse des außergewöhnlichen Films darauf anlegt zu polarisieren: Außenseiter Hank (Paul Dano) will sich auf einer einsamen Insel das Leben nehmen. Die Hoffnung auf Rettung hat er aufgegeben. Doch gerade als er sein Leid beenden will, wird eine Leiche (Daniel Radcliffe) an den Strand gespült. Mit lauten Fürzen weckt sie Hanks Aufmerksamkeit.

Die Blähungen Mannys, wie der Protagonist seinen toten Kumpel später tauft, legen sogar noch zu. So taugt der leblose Körper als von Darmwinden angetriebener Jetski-Ersatz, der Hank an übers Meer an ein neues Ufer befördert. Doch auch dort gibt es keinen Handyempfang, sondern nur verlassene Wälder. Grund genug, die Leiche durch die Wildnis mitzuschleppen.

Hank erweist sich wie ein Schweizer Taschenmesser (daher auch der Filmtitel) als vielseitig einsetzbar - als Wasserspender, Rasierer und nicht zuletzt als Gesprächspartner. Tatsächlich beginnt der Tote auch noch selbst zu sprechen und naive Fragen nach dem Leben zu stellen, weil er sich an nichts zurückerinnern kann.

Das Glück eines Außenseiters

Mit großem Einfallsreichtum versucht Hank, ihm Antworten zu geben. Aus Müll und Gerümpel stellt er Momente aus seiner Vergangenheit nach, die ihn glücklich gemacht haben: etwa ein Kinobesuch, die tägliche Busfahrt mit vorbeiziehenden Landschaften oder ein verträumter Blick zu der hübschen Sarah (Mary Elizabeth Winstead).

Ein Foto der jungen Frau, die Hank aus stiller Entfernung umschwärmt hat, ist das Startbild auf seinem Smartphone. Der Anblick gefällt auch Manny. Die Erektionen der Wasserleiche weisen den beiden schließlich den Weg zurück in die Zivilisation und direkt zu Sarah. Dort kommt es zu weiteren absurden Szenen.

Es ist natürlich möglich, einen tieferen Sinn hinter all dem zu erkennen. "Swiss Army Man" lässt sich als Tragikomödie interpretieren, als Parabel über das Leben, das Anderssein, das Leid der Einsamkeit, die Liebe, die Freundschaft oder als Kritik an der modernen Wegwerfgesellschaft. Allerdings übertreiben es Kwan und Scheinert viel zu sehr mit ihrem provozierendem, gewöhnungsbedürftigen Humor.  

Überzeugende Darsteller

So ist man dazu geneigt, den Film als Pups-Totalausfall abzuhaken. Die fantasievollen Augenblicke, in denen Hank veranschaulicht, welch großes Glück auch alltägliche Erlebnisse bereiten können, kommen dagegen zu kurz. Das Beeindruckendste an "Swiss Army Man" sind ohne Zweifel die beiden Hauptdarsteller: Paul Dano und Daniel Radcliffe spielen den Klamauk voller Hingabe und verleihen ihm trotz aller Durchgeknalltheit eine gewisse Glaubwürdigkeit.

Wer zum verstörenden Leichen-Abenteuer und den penetranten Furzattacken mehr Hintergrundinformationen braucht, klickt sich durch die zahlreichen Extras auf der DVD: Ein Audiokommentar mit den Regisseuren, dem Szenenbildner sowie dem Soundmixer, ein Hinter-den-Kulissen-Beitrag, entfallene Szenen und fünf weitere Featurettes liefern Antworten auf so manch großes Fragezeichen, das der Film hinterlässt.

"Swiss Army Man": Veröffentlichung am 23.02.2017 auf DVD und Blu-ray (Koch Media / Capelight Pictures)

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  • Rezension zu: Swiss Army Man
  • Redaktionswertung:

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