Der britische Sender Channel 4 versucht mit dem Politdrama "Brexit: The Uncivil War" zu erklären, wie es überhaupt zum folgenschweren Ausgang des britischen Referendums am 23. Juni 2016 kommen konnte. Benedict Cumberbatch spielt die Hauptrolle als spleeniger Leiter der "Vote Leave"-Kampagne. Mehr...

Neu auf DVD: ''Brexit''-Drama mit Benedict Cumberbatch
© House Productions / Polyband Medien GmbH

Das TV-Drama "Brexit: The Uncivil War" ist als One-Man-Show für Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch konzipiert und weniger interessiert an der politischen Problematik. Am 5. April feiert es hierzulande Premiere auf DVD.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis aus einem der brisantesten Nachrichtenthemen der letzten Jahre ein Film gestrickt werden würde. Der britische Sender Channel 4 versucht mit "Brexit: The Uncivil War" zu erklären, wie es überhaupt zum folgenschweren Ausgang des britischen Referendums am 23. Juni 2016 kommen konnte.

Drehbuchautor James Graham konzentriert sich auf die Monate vor der Abstimmung und die unterschiedlichen Kampagnen für und gegen den EU-Austritt. Als Schlüsselfigur der Geschichte fungiert der spleenige Dominic Cummings, der die unkonventionelle "Vote Leave"-Kampagne im Hintergrund geleitet hat.

Zwischen Genialität und Wahnsinn

"Sherlock"-Star Benedict Cumberbatch hat sich im Vorfeld der Dreharbeiten mit dem echten Cummings getroffen, um ihn möglichst authentisch wiedergeben zu können. Die Mühe hat sich eher nicht gelohnt: Denn Graham konstruiert sich den Protagonisten als leidenschaftlichen Visionär zusammen. Bei diesem liegen Genialität und Wahnsinn nahe beieinander.

Das ist eben genau die Art von Rolle, die Cumberbatch am besten spielen kann. Er macht dabei wie immer eine gute Figur. Die überzeichnete Darstellung Cummings als eigenwilliger Sonderling trägt aber auch zur Überdramatisierung des taktischen Wählerstimmenkampfes bei. Regisseur Toby Haynes bemüht sich, die an sich trockene und zähe Materie temporeich zu inszenieren. Dafür setzt er auf schnelle Schnitte, surreale Sequenzen, aber auch auf nicht-fiktive, regelmäßig eingestreute Nachrichtenschnipsel.

Eine Frage der Zielgruppe

Außerdem werden quasi im Akkord zahlreiche bekannte Persönlichkeiten rund um das "Brexit"-Chaos abgehandelt, darunter Boris Johnson (Richard Goulding), Michael Gove (Oliver Maltman), Nigel Farage (Paul Ryan) und Douglas Carswell (Simon Paisley Day). Damit die Zuschauer nicht den Überblick verlieren, sind Namenseinblendungen vor allem zu Beginn des Films im Dauereinsatz. Zuweilen wirkt das Polit-Drama dadurch wie ein überlanger Trailer. Bei einer Laufzeit von nur 93 Minuten treten all diese Köpfe natürlich nur oberflächlich in Erscheinung.

Graham belässt es bei Karikaturen. Immerhin widmet er sich ausführlich den Methoden Cummings, die seine Kampagne schließlich zum Erfolg führen. Der Analyst studiert die Zielgruppe der unentschlossenen Wähler mit Hilfe der sozialen Medien, der Datenfirma Cambridge Analytica und persönlicher Befragungen bis ins Detail. Mit Blick auf ihre Bedürfnisse und Ängste entwickelt er eine prägnante Kampagne, die vor Falschinformationen nicht zurückschreckt.

Als Gewinner gescheitert

Zum Showdown läuft dann alles ein bisschen aus dem Ruder. Cummings sitzt schließlich ratlos mit seinem Gegenspieler Craig Oliver (Rory Kinnear), dem Leiter der Pro-EU-Kampagne, im Pub und macht ein überraschendes Geständnis: Sein Ziel, mit seinem Engagement Veränderungen in Gang zu setzen, sieht er als gescheitert.

Apropos: Gleiches gilt für die Bemühungen, den "Brexit" als packendes TV-Drama aufzubereiten. Das Ergebnis entspricht mehr dem politischen Chaos, das wie gehabt in Großbritannien herrscht. Da hätte Cumberbatch besser noch mal Zeit in eine neue "Sherlock"-Folge investiert.

"Brexit: The Uncivil War": Veröffentlichung am 05.04.2019 auf DVD (Polyband / WVG)

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  • Rezension zu: Brexit: The Uncivil War
  • Redaktionswertung:

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