Optisch ein Hingucker, inhaltlich eine äußerst langatmige Angelegenheit: "Taboo" bricht entgegen des Titels kein Tabu, sondern vielmehr die Geduld eines manchen Zuschauers. Die grimmige, eingefrorene Miene von Hauptdarsteller Tom Hardy dürfte ebenfalls polarisieren. Mehr...

Taboo: Zähe One-Man-Show für Tom Hardy
© TMG. All rights reserved.

Optisch ein Hingucker, inhaltlich eine äußerst langatmige Angelegenheit: "Taboo" bricht entgegen des Titels kein Tabu, sondern vielmehr die Geduld eines manchen Zuschauers.

Eines muss man der neuen BBC-Produktion "Taboo" lassen: Die schnelle Vermarktung der düsteren Historienserie funktioniert hervorragend. Im Januar ging sie in Großbritannien ins Quotenrennen, einige Tage später beim Kabelsender FX in den USA. Ende März feierten die acht Folgen schließlich Deutschlandpremiere bei Amazon Prime, bevor Staffel 1 nun wenige Wochen später auf DVD und Blu-ray erscheint.

Begleitet wurden die Fernseh- und Streaming-Starts von einer großen PR-Offensive. Dieser war definitiv nötig, um die Zuschauerneugier auf "Taboo" zu wecken. Denn auch wenn die BBC mit der Serie weiterhin auf der bewährten Historien-Welle reitet, bestehen wenig Gemeinsamkeiten mit massentauglichen TV-Hits wie "Downton Abbey" und "Poldark".

Worum geht es eigentlich?

Tatsächlich fällt es selbst nach den ersten beiden Episoden von "Taboo" noch schwer zu definieren, um was es genau geht und in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Im Zentrum dieser steht der unheimliche James Delaney (Tom Hardy), der 1814 nach mehr als zehn Jahren aus Afrika in ein dunkles und dreckiges London zurückkehrt. Die Familie hat den Außenseiter längst für tot gehalten und ist geschockt, als er plötzlich zur Beerdigung seines Vaters auftaucht.

Delaney wird zum Alleinerben erklärt und kommt so auch in den Besitz eines kleinen Landstücks in Nordamerika. Das scheint überaus begehrt, da es nach dem absehbaren Ende des Britisch-Amerikansichen Krieges zu einer wichtigen Handelsbrücke Richtung Osten werden könnte. Die britische Krone, die amerikanische Republik und die Ostindien-Kompanie haben es darauf abgesehen. Mit Delaney lässt sich aber nicht verhandeln, wie alle mächtigen Parteien schon bald herausfinden müssen. Seine Sturheit und seine schroffe Art machen ihn schnell zur Zielscheibe.

Warum der ganze Hokuspokus?

Neben dem Streit und den Intrigen um den von Indianern bewohnten Küstenstreifen spielt auch die schöne Zilpha (Oona Chaplin) eine entscheidende Rolle in "Taboo". Sie ist ihrem Halbbruder Delaney einst verboten nahe gekommen und die Gefühle von damals drohen aufs Neue zu erwachen. Doch was ist ihm seit damals widerfahren? Nicht Gutes, das lassen jedenfalls seine schrecklichen Visionen erahnen. Ist da etwa schwarze Voodoo-Magie im Spiel?

Gerade diese übernatürliche Komponente macht die Serie unnötig komplex und wirr. Sie scheint wie zahlreiche überflüssige Nebenhandlungen nur dem Zweck dienen, die inhaltlich sehr dünne Hauptstory auf fast acht Stunden zu strecken. Für Binge-Watching-Fans eignet sich "Taboo" daher genauso wenig wie für Freunde temporeicher Action.

Es ist definitiv eine One-Man-Show für Hauptdarsteller Tom Hardy, der die Idee zur Serie gemeinsam mit seinem Vater Chip entwickelt hat. Neben "Alien"-Regisseur Ridley Scott fungiert er auch als Co-Produzent. Gewohnt wortkarg und mit grimmiger Miene gibt er eine Variation seines facettenarmen Spiels in Filmen wie "The Dark Knight Rises" und "Mad Max: Fury Road" zum Besten. In Nebenrollen bleiben bekannte Stars wie Franka Potente, Jonathan Pryce und Tom Hollander hinter ihrem Potenzial zurück, weil es durchgehend bei einer oberflächlichen Charakterzeichnung bleibt.

Was macht "Taboo" sehenswert?

Mehr Liebe zum Detail steckt in der visuellen Umsetzung von "Taboo": Den skandinavischen Regisseuren Anders Engström ("Jordskott") und Kristoffer Nyholm ("Kommissarin Lund") gelingt mit dunklen, ausdrucksstarken Bildern eine bedrohliche Atmosphäre. Die Kulissen wirken wie aus einem Horrorfilm. Doch die spannende Optik will kaum ein inhaltliches Pendant finden. Bis zum Finale bleibt es zäh und sonderbar.

Zumindest in Großbritannien fand "Taboo" trotz allem sein Publikum mit rund 5,8 Millionen Zuschauern pro Folge. BBC hat bereits eine zweite Staffel bestellt. Die DVD- und Blu-ray-Ausgaben mit der Auftakt-Season bieten übrigens keinen Mehrwert im Vergleich zur Streaming-Veröffentlichung: Das Bonusmaterial ist mit dem Trailer zur Serie überaus mager ausgefallen.

"Taboo: Staffel 1": Veröffentlichung am 13.04.2017 auf DVD und Blu-ray (Concorde Home Entertainment)

Angebote auf amazon.de

B06WGLTN3QB06WP2RYHSB06WP75J2KB00I51OS04

  • Rezension zu: Taboo: Staffel 1
  • Redaktionswertung:


Kommentar schreiben

Senden

Weitere Serienchecks