Müssen sich Erwachsene, die sich von einer Teenie-Serie in den Bann ziehen lassen, ernsthafte Gedanken machen? Im Falle der US-Produktion "Riverdale" lautet die Antwort: keineswegs. Sie ist definitv mehr als nur eine seichte Highschool-Soap. Mehr...

Riverdale: Eine Teenie-Serie für Jung und Alt
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Müssen sich Erwachsene, die sich von einer Teenie-Serie in den Bann ziehen lassen, ernsthafte Gedanken machen? Im Falle der US-Produktion "Riverdale" lautet die Antwort: keineswegs.

Die Prämisse klingt vertraut, aber dennoch vielversprechend: In einer idyllisch gelegenen Kleinstadt kommt Jason Blossom, der Football-Star der örtlichen Highschool, angeblich bei einem Bootsunfall während der Sommerferien ums Leben. Seine Zwillingsschwester Cheryl behauptet, er sei vor ihren Augen ertrunken. Blöd nur, dass bald Jasons Leiche mit Kopfschuss ans Flussufer gespült wird.

Als Archie Andrews vom Mord an seinem Mitschüler erfährt, trifft es ihn wie ein Schlag: Er hat am Tage von Jasons Verschwinden einen Schuss am Fluss gehört. Allerdings kann er keinem davon erzählen: Er hat sich damals mit seiner attraktiven Musiklehrerin zu einem verbotenen Schäferstündchen in freier Natur getroffen.

Archie, der Herzensbrecher

Als er sein Geheinnis doch seinem besten Freund Jughead beichtet und dieser enttäuscht reagiert, nagen die Gewissensbisse noch mehr an Archie. Soll er doch zur Polizei? In dieser Ausnahmesituation kommt das Liebesgeständnis seiner besten Freundin und Nachbarin Betty genauso ungünstig wie der hübsche Highschool-Neuzugang Veronica Lodge.

Nach und nach zeigt sich, wie sehr alle Protagonisten selbst oder über ihre Familien mit dem Fall um Jason in Verbindung stehen. Die Liste an Verdächtigen wächst stetig. In Riverdale scheint fast jeder die eine oder andere Leiche im Keller zu verstecken. Doch wer hat Jason umgebracht? Die Freunde stellen eigene Recherchen an und finden Schreckliches heraus.

Ein zarter Hauch von "Twin Peaks"

Die TV-Adaption der hierzulande recht unbekannten "Archie"-Comics gibt sich nur vordergründig als jugendliche Seifenoper. Auf sehr unterhaltsame Weise spielt die Serie von Greg Berlanti ("Dawson's Creek", "Everwood") mit bekannten Klischees des Genres, bricht sie aber immer wieder dank überraschender Wendungen.

Nicht nur ihr leicht surreales, atmosphärisches Retro-Setting weckt Erinnerungen an den Klassiker "Twin Peaks": Die Story ist mit düsteren Mystery-Elementen gewürzt. Zum Glück wird dabei auf übernatürliche Komponenten verzichtet. Diese haben zuletzt typische Comic-Stoffe mit Superhelden wie "Arrow", The Flash" und "Supergirl" in die Trash-Ecke abdriften lassen.

Nicht ohne ein ironisches Augenzwinkern

Die seichten Liebeleien, dunklen Geheimnisse und Intrigen im Stil von "Gossip Girl" und "Pretty Little Liars" bewegen sich natürlich trotzdem fernab eines realistischen Teenager-Alltags. "Riverdale" serviert das bunte Treiben jedoch mit einem Augenzwinkern und einer wohl dosierten Portion Ironie.

Ähnlich wie einst die pubertierenen Charaktere in "Dawson Creek" führen die Highschool-Kids erstaunlich erwachsene Gespräche, analysieren sich und ihre Probleme wie Hobby-Psychologen. Und doch werden sie stets von jugendlicher Naivität angetrieben: Sie versuchen, ihren Idealen und Träumen zu folgen, auch wenn sich ihre Eltern und das Schicksal immer wieder gegen sie stellen.

Souveräne Newcomer und Stars von gestern

Apropos Eltern: Ein weiterer cleverer Schachzug von "Riverdale" ist es, diese Rollen mit Stars zu besetzen, die früher selbst einmal ihre Karriere in Teenie-Serien und -filmen begonnen haben. Luke Perry, bekannt als Mädchenschwarm Dylan aus "Beverly Hills, 90210" ist genauso mit von der Partie wie Mädchen Amick ("Twin Peaks") und Molly Ringwald ("Pretty In Pink").

Der Fokus liegt aber klar auf den nahezu unerfahrenen Jungdarstellern, die wie im Falle von K.J. Apa (Archie), Cole Sprouse (Jughead) und Camila Mendes (Veronica) sehr souverän spielen und die Serie maßgebend prägen – ganz ähnlich wie einst Katie Holmes, James Van Der Beek und Joshua Jackson "Dawson's Creek". Lediglich Lili Reinhart neigt in ihrer Rolle als naive und labile Betty zum Overacting. Madelaine Petsch fährt als manipulierende Schulzicke Cheryl zwar auch große Gesten auf, meistert den Stereotyp aber mit deutlich mehr Biss.

Zeitprobleme zum Staffelfinale

Trotz einer Vielzahl nahezu gleichberechtigter Hauptfiguren bleibt keine von ihnen eindimensional. Dennoch werden durchaus Chancen auf mehr Tiefgang verspielt: Einige interessante Nebenhandlungsstränge verlaufen im Sande. Vor allem, welche Dämonen noch in Betty schlummern, wird bis zum Schluss nur angedeutet. Es scheint fast ein bisschen so, als wäre den Autoren gegen Ende der 13-teiligen Staffel ein wenig die Zeit davongerannt. So wird auch der Mord an Cheryls Bruder in Episode 12 voreilig und überraschend simpel aufgelöst.

Das Finale der Debüt-Season wirkt danach wie ein Anhängsel, das aber immerhin Vorarbeit für Staffel 2 leistet. Diese hat das US-Network The CW  bereits für die nächste TV-Saison geordert. Die mageren Einschaltquoten dürften dabei nicht entscheidend gewesen sein. "Riverdale" fungiert für den kleinen Sender mehr als Prestige-Projekt, nachdem die Serie weitgehend gute Kritiken einfuhr.

Zweite Staffel bereits in trockenen Tüchern

Auch die internationale Vermarktung durch Netflix dürfte eine frühe Absetzung verhindert haben. Beim Streaming-Dienst passt sie neben "Stranger Things" und "13 Reasons Why" gut ins Portfolio. Dort steht inzwischen die komplette erste Staffel zum Abruf bereit. Diese bietet sich aufgrund der spannenden Cliffhanger der Einzelepisoden regelrecht zum Binge-Watching an.

Die jugendliche Zielgruppe kommt dabei genauso auf ihre Kosten wie das erwachsene Publikum. "Riverdale" ist eine "Guilty Pleasure"-Serie durch und durch, die trotz bekannter Zutaten überraschen kann und dabei hervorragend unterhält. Die Charaktere bergen noch viel Potenzial für Staffel 2, die voraussichtlich im Frühjahr 2018 US-Premiere feiert.

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  • Rezension zu: Riverdale: Staffel 1
  • Redaktionswertung:

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