"Das Original", der neue Roman von John Grisham, spielt sich ausnahmsweise nicht vor Gericht ab. Eine junge Schriftstellerin ermittelt im Ferienparadies für eine Versicherungsgesellschaft.

Von TEXT-BAUER
Das Original: John Grisham auf Abwegen
© Heyne Verlag / Bob Krasner

"Das Original", der neue Roman von John Grisham spielt sich ausnahmsweise nicht vor Gericht ab. Stattdessen lässt der US-Erfolgsautor eine junge Schriftstellerin im Ferienparadies verdeckt für eine Versicherungsgesellschaft ermitteln.

Bestseller-Autor John Grisham bricht mit seiner Justizthriller-Routine und widmet sich in seinem neuen Roman "Das Original" einer fast schon seichten Sommergeschichte. Zu Beginn des Buchs lässt sich das allerdings noch nicht erahnen: Grisham erzählt von einem ausgetüftelten Einbruchscoup.

Einer Diebesbande gelingt es durch ein cleveres Ablenkungsmanöver, wertvolle Originalmanuskripte der Schriftsteller-Legende F. Scott Fitzgerald aus dem Tresorraum der Universität Princeton zu klauen. Alles verläuft zunächst nach Plan, bis das FBI zwei der Verbrecher auf die Schliche kommt und diese verhaftet. Doch diese halten dicht und schützen ihre Kumpanen. So bleibt das Diebesgut verschwunden.

Als die Behörden nicht weiterkommen, stellt die Versicherungsgesellschaft der Universität eigene Ermittlungen an. Schließlich haftet sie mit einem Millionenbetrag, sollten die Manuskripte nicht wieder auftauchen. Sind die gestohlenen Originale bereits bei einem Zwischenhändler gelandet?

Undercover auf Camino Island

Erste Spuren führen auf eine idyllische Ferieninsel vor der Küste Floridas. Auf Camino Island besitzt der smarte Weiberheld Bruce Cable eine erfolgreiche Buchhandlung mit einer Sammlung wertvoller Erstausgaben im Keller. Werden dort auch die Fitzgerald-Schriften gelagert?

Der Versicherung fehlen die Beweise. Deshalb wird die attraktive Autorin Mercer Mann für ein beachtliches Honorar als Lockvogel angeheuert. Sie soll sich mit Cable anfreunden und ihn ausspionieren. Die junge Frau zieht vorübergehend in das alte Strandhaus ihrer verstorbenen Großmutter, in dem sie glückliche Momente ihrer Kindheit verbracht hat.

Nach erster Unsicherheit knüpft Mercer mühelos Kontakte zu den zahlreichen Autoren auf der Insel. Über diese lernt sie auch Cable kennen und kommt dem charmanten Schlitzohr näher, als ihr lieb ist. So eine kleine Romanze könnte aber genau das Richtige sein, um endlich Mercers hartnäckige Schreibblockade zu lösen.

Eine pikante Sommerromanze

Ehe sich Grisham-Fans versehen, stecken sie mitten in einem Beinahe-Liebesroman. Das Problem: Der 62-jährige US-Jurist schreibt dabei so nüchtern und trocken wie gewohnt. Richtig knistern will es daher nicht zwischen Mercer und Bruce.

Mehr Biss und Unterhaltungswert als die bemühte Romantik besitzen die witzigen Momente mit den skurrilen Autorenfiguren auf Camino Island. Diese lästern gerne über sich selbst und geben sich allzu gerne ihrem Weltschmerz hin. Klischeehafte Künstlerprobleme wie Alkoholsucht, kreative Krisen und Erfolglosigkeit thematisiert Grisham mit einem Augenzwinkern. Doch er verneigt sich mit der Figur des belesenen Cable auch vor legendären Literaten wie Fitzgerald, Ernest Hemingway und J.D. Salinger.

Dabei verliert er seinen eigentliche Geschichte etwas aus den Augen. Überhaupt versäumt es Grisham, den Fokus auf eine seiner Hauptfiguren zu legen. Zunächst führt er im Detail die Diebesbande ein, um dann im nächsten großen Kapitel doch den Werdegang von Bruce Cable zu beleuchten. Erst sehr spät rückt schließlich Mercer in den Mittelpunkt.

Die etwas naive Autorin mit Geldsorgen mag der massentauglichste Charakter im Roman sein, aber es ist tatsächlich auch der langweiligste. Als sie ihr Undercover-Einsatz endlich an Fahrt gewinnt und potenzielle Gefahr droht, kommt es zu einem erneuten Bruch.

Meister der schlichten Eleganz

Grisham handelt die Aufklärung des spektakulären Manuskript-Raubs übereilt ab. Nur in einem knappen Epilog kommt er schließlich noch einmal auf Mercer und Bruce zurück und klärt das Schicksal des Paares. Die Spannung bleibt dabei allerdings auf der Strecke.

Als netter und kurzweiliger Zeitvertreib macht "Das Original" dennoch Spaß. Das liegt einfach daran, dass Grisham ein fähiger Schreiberling ist. Nie verzettelt er sich in langweiligen Details, sein schlichter Stil beweist auch in der deutschen Übersetzung höchste Eleganz.

Da ist kein Satz zu lang, kein Wort überflüssig oder gar eine Information redundant. Im Nu verschlingt man die Geschichte in kleinen, wohl portionierten Kapitel-Häppchen, selbst wenn sie sich sicher nicht als beste aus Grishams Feder erweist.

"Das Original" von John Grisham ist am 21. August 2017 im Heyne Verlag erschienen.

Mehr Infos zum Autor: www.jgrisham.com

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